Der Kampf um den Weiterbetrieb der Schwimmhalle Huchenfeld nimmt mitunter groteske Züge an. Sind zwei Gutachten unabhängiger Sachverständiger nicht genug?
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Die Diskussionen rund um den Betrieb der Bäder bewegt viele Menschen in Pforzheim. Das gilt auch für das Stadtteilbad in Huchenfeld, das, wie das Emma-Jäger-Bad, nach derzeitiger Planung nur bis Ende des Jahres betrieben werden kann und stark sanierungsbedürftig ist. Becken und Dach sind nach Auffassung zweier unabhängiger Sachverständiger so baufällig, dass eine Weiternutzung nach 2018 nicht empfohlen wird, wie Erster Bürgermeister Dirk Büscher gestern in einer Mitteilung auf der Website der Stadt Pforzheim explizit nochmals festhielt.
Der „Kampf“ der Gemeinderatsfraktion der FDP/Freien Wähler gegen diese Auffassungen von Sachverständigen ist dabei mehr als fragwürdig. Während die Aussage von Fraktionsvize Michael Schwarz, dass das Becken seiner Ansicht nach „noch das ein oder andere Jahr stabil funktionieren“ könne, „da die Beckenränder mit Mauern und Sprieß gesichert seien“, noch halbwegs ungefährlich scheint, ist seine Analyse zum Dach bemerkenswert. Auszug aus der Pressemitteilung der Fraktion:
Lediglich das Dach sei eine Unbekannte. „Wenn aber wie vor kurzem Bauarbeiter Material auf dem Dach lagern und mit 90 oder 100 Kilo Punktbelastung gefahrlos auf dem Dach laufen können, lohnt es sich schon, das Dach von einem Profi öffnen und begutachten zu lassen“, so Schwarz. Zu überlegen sei auch, ob man als Vorsichtsmaßnahme das Bad tageweise schließen könne, bspw. nach starken Schneefällen, die das Dach belasteten.
Freilich hören sich „punktuelle Belastungen von 100 Kilogramm“ zunächst einmal sehr solide an. Nur: Mit realistischen Dachgewichten hat das wenig zu tun. Beispielsweise kann ein halber Kubikmeter Schnee (50 Zentimeter Schneehöhe) im trockenen Falle zwar nur 30 Kilogramm wiegen, im feuchten Falle aber 100 Kilogramm und sogar noch mehr. Und dann geht es bei einer Fläche von 30 mal 20 Metern, die das Dach des Hallenbades ungefähr aufweist, nicht mehr um „punktuelle Belastungen“, sondern bei 100 Kilogramm pro Kubikmeter und einer Schneehöhe von 50 Zentimetern mal eben um 30 Tonnen – ohne Gewicht des Daches selbst.
Dass bei solchen möglichen Gewichten und bei einem entsprechenden Alter des Daches kein Sachverständiger übermäßig starkes Interesse hat, ungedeckte Schecks auszustellen, dürfte nachvollziehbar sein. So Katastrophen wie der Einsturz der Eislaufhalle in Bad Reichenhall im Jahre 2006 haben gezeigt, dass man bei großen Hallen mit der Dach- und Gewichtsthematik kein Roulette spielen darf. Und wenn schon zwei Sachverständige vor einer Nutzung nach 2018 warnen, dann sollte das als eindringliche Warnung verstanden werden und nicht als „schauen wir mal, vielleicht geht ja noch was.“
Kein Wahlkampf auf Kosten der Sicherheit!
Das Signal, man könne so ein Dach ja durchaus tolerieren und das Bad dann einfach nur bei Schneefall sicherheitshalber schließen, ist darüber hinaus verheerend. Würde doch hier zugegeben werden, dass das Bad marode ist (was es ja nachweislich ist), man es aber dennoch weiter auf Substanz nutzen wolle. Die vermeintliche Fürsorge, es bei Schneefall sicherheitshalber zu schließen, würde das nur unterstreichen.
Der eigentliche Skandal ist daher inzwischen weniger der marode Zustand der Bäder, sondern der Umgang damit. Denn anstatt endlich konzertiert und beherzt größere Sanierungen oder den Neubau mindestens eines Bades zu forcieren, wird taktiert, lamentiert und offenkundig nach passenden Gutachten gesucht, die Misere mit Notlösungen letztlich noch weiter zu verschärfen.