"Kapuuut!"
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Stellen Sie sich eine Gesellschaft vor, in der alles darauf ausgerichtet ist, ein möglichst gutes Profil von sich selbst zu haben. Dieses Profil baut darauf auf, dass die jeweilige Person sich gut verhält, gut ernährt, regelmäßig konsumiert und schlicht gehorsam agiert. Ein gutes Profil weist ein hohes Level auf und für alle Bürgerinnen und Bürger ist es das große Ziel, ein möglichst hohes Level zu erreichen. Peter, die Hauptfigur im Roman, ist so ein Bürger, der zwar gelangweilt wirkt, aber an einem – seinem – guten Profil arbeitet.
Diese Welt, die der gebürtige Stuttgarter Autor Mark-Uwe Kling in seiner „lustigen Dystopie“ QualityLand zeichnet, ist offenkundig von Algorithmen bestimmt, in die sich die Gesellschaft einfügt und diese somit akzeptiert. Das geht so weit, dass ein Androide, also ein Robotermensch, namens „John of Us“ als Präsidentschaftskandidat einen Wahlkampf inszeniert, der natürlich grotesk ist, aber durch die Kraft der Algorithmen gesteuert und damit für den Androiden plausibel ist.
Gleichzeitig hat Peter, von Beruf Maschinenverschrotter und damit buchstäblich ein Beseitiger der Gerätschaften, die nicht mehr in die Gesellschaft passen, ein Problem – bezeichnenderweise das „Peter Problem“ – dass die Algorithmen wiederum ihm ein kaum lösbares Problem bescheren. Denn wenn alles angeblich so rund laufen würde, wie der Gesellschaft vorgegaukelt würde, warum hat er dann so viel mit Robotern und Androiden zu tun, die seltsame Dinge tun und deshalb verschrottet werden müssen?
Mark-Uwe-Kling ist neben dem Bücherschreiben auch kabarettistisch unterwegs und aus dieser Perspektive kommt Humor und triefende Satire in die eigentlich hochpolitische Hintergrundgeschichte hinein. Das liegt nicht zuletzt an den allerlei seltsamen Robotern, mit denen sich Peter im Geheimen in seinem Roboterkeller umgibt und die alle herrlich schrullig daherkommen. Roboter, die überaus menschlich wirken, wenn sie nicht mehr als Roboter daherkommen. Ein krasser gedanklicher Knoten, der hier aufzulösen ist.
Garniert ist QualityLand mit „Werbung“ und „Nachrichten“ für die perfekte Gesellschaft und schon hier hat der Leser vor dem Kauf die Qual der Wahl, denn das Buch gibt es als „weiße“ und „schwarze“ Version, die sich in der Färbung der Werbetexte unterscheidet.
Ich gebe eine 81,92-prozentige Chance, dass dieser seltsame Plot und die daraus entstandene, superwitzige Geschichte jedem Leser am Ende Freude bereitet, auch wenn das Buch eigentlich fast schon zu kurz ist und die Geschichte eine Menge Gedankengänge anspricht und auslöst. Dass sich QualityLand schon seit einigen Monaten in den SPIEGEL-Bestsellerliste hält, ist kein Zufall, sondern ebenfalls nicht weniger als eine echte Kaufempfehlung. Eine Leseprobe gibt es auf der offiziellen Website QualityLand.de.