SPD-Kreisvorsitzender Frederic Striegler thematisiert eine angebliche Ungleichbehandlung bei der Vergabe von Kitaplätzen an die Familie des OB.
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Ein heute veröffentlichter offener Brief des SPD-Kreisvorsitzenden Frederic Striegler wendet sich in deutlichen Worten direkt an Oberbürgermeister Peter Boch mit dem Vorwurf der „Vorteilsannahme“ bei der Vergabe von Kita-Plätzen. Kürzlich wurden 1.200 Absagen an Pforzheimer Eltern auf die Beantragung von Kita-Plätzen verschickt und er, Striegler, habe bei einem Elternabend erfahren, dass die Familie von Peter Boch für zwei seiner Kinder Kita-Plätze erhalten habe.
Wir veröffentlichen den offenen Brief von Frederic Striegler nachfolgend im Wortlaut und haben die Stadt um eine Stellungnahme zu diesem Offenen Brief und die Vorwürfe Frederic Strieglers gebeten:
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Boch,
eines ihrer politischen Hauptanliegen ist es, Pforzheim zu einer familienfreundlichen Stadt zu entwickeln. Auf ihrer Homepage schreiben Sie, dass mit der Einführung des Rechtsanspruchs im Jahr 2013, Eltern einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz für ihr Kleinkind haben. Weiter schreiben Sie, dass dieser Anspruch in Pforzheim in der Vergangenheit schlichtweg ignoriert worden sei. Als Familienvater unterstütze ich Ihre Forderung, unsere Stadt familienfreundlicher zu gestalten. Nach dem Elternabend im Adolf-Haap-Haus am Dienstag, den 26.Juni 2018 habe ich allerdings den Eindruck, dass für Sie vor allem die Familienfreundlichkeit für Ihre Familie Vorfahrt hat – nicht aber für die Eltern vieler anderer Kinder in Pforzheim.
Für das kommende Kindergartenjahr wurden 1168 Absagen an Eltern verschickt, deren Kinder nicht in ihren jeweiligen Wunscheinrichtungen aufgenommen werden konnten. Sie hatten zwar im Wahlkampf einen zügigen Ausbau versprochen, ich persönlich erwarte allerdings keine Wunder von Ihnen. Was ich allerdings von jedem Oberbürgermeister erwarte ist, dass er keine bevorzugte Behandlung erhält, weder für sich, noch für seine Familie. Für meine Tochter haben wir erst nach einem Jahr und 10 Monaten Wartezeit eine Zusage für einen Betreuungsplatz erhalten, anderen gleichalten Kindern, auch aus unserem Bekanntenkreis wurde ein solcher Platz verwehrt. Deswegen war ich irritiert, Ihre Frau beim Elternabend im Adolf-Haap-Haus anzutreffen und mitzubekommen, dass es für einen Oberbürgermeister keinerlei Problem darzustellen scheint, zeitnah und ohne Komplikationen sein Kind gut zu versorgen: Ihre Kinder haben einen Betreuungsplatz in dieser Einrichtung erhalten.
Immer mehr Menschen verlieren den Glauben in die Demokratie und in die politischen Verantwortungsträger. Ihre Vorteilsnahme als Stadtoberhaupt für ihre eigenen Interessen birgt meines Erachtens das Potential, dass jene 1168 Eltern, die eine Absage erhalten haben, den Glauben in die Stadt Pforzheim verlieren. Ich persönlich halte es für rücksichtslos und absolut unverständlich, dass 1168 Absagen an Eltern versendet werden und Ihre Familie scheinbar aufgrund ihrer Stellung in der Stadt bevorzugt behandelt wird. Ich habe keinerlei Verständnis dafür, dass der Stadt mittlerweile Klagen drohen, Sie ihre Kinder betreuungstechnisch aber bereits versorgt haben und dass, obwohl ihre Familie noch nicht einmal in Pforzheim lebt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Familie Boch nach den gleichen Kriterien behandelt wird, wie jede andere Familie in Pforzheim auch. Viele andere Familien stehen schon seit Monaten auf den Wartelisten, greifen auf das Tagespflegeangebot zurück oder bleiben gar länger als gewollt zu Hause, weil sich gar keine Betreuungsform finden lässt. Für Sie scheinen all diese Sorgen nicht zu gelten, sie nutzen ihr Stellung und ihre Macht aus, um bereits nach kurzer Zeit und ohne Wohnsitz in Pforzheim Betreuungen für ihre Kinder organisiert zu haben. Mir geht es nicht darum, dass ihre Kinder unversorgt bleiben. Auch nicht um eine Schelte des Amt für Bildung und Sport oder gar des Adolf-Haap-Haus. Mir geht es rein darum, dass sie in Ihrem Amt mit dieser Vorbildfunktion Integrität wahren und nicht für mehr Ungerechtigkeiten sorgen sollten.
Mit freundlichen Grüßen
Frederic Striegler