Rund 200 Menschen sind am Samstag auf "Wald-Safari" mit OB Boch und Bürgermeisterin Schüssler gegangen. (Lesezeit: 7 Minuten)
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Spätestens nach dem Auftauchen der WhatsApp-Mitteilung mit einem Aufruf an Gegner eines Gewerbegebietes im Waldstück Klapfenhardt konnte man erwarten, dass der “Waldspaziergang”, zu dem Oberbürgermeister Peter Boch und Bürgermeisterin Sibylle Schüssler für den gestrigen Samstag eingeladen hatten, ein größeres Interesse wecken würde. Rund 200 Menschen übertrafen dann auch die Erwartungen, davon eine Vielzahl von Bewohnern aus dem Enzkreis und viele Familien mit Kindern.
Zusammen mit Markus Haller, Leiter des Amtes für Umweltschutz, und mehreren Mitgliedern des Pforzheimer Gemeinde- und des Enzkreis-Kreisrates ging es auf rund 1,6 Kilometer über den Tannhofer-, den Nöttinger- und Leichtweg bis zur “Ewigen Hütte”. Während der rund eineinhalbstündigen Wanderung klärte Haller über Flora, Fauna und Umgebung des Waldes auf, während Boch und Schüssler auf Fragen aus dem Publikum eingingen.
Der Waldanteil liege in Pforzheim, so Haller, bei rund 50 %. In den vergangenen 50 Jahren sei der Anteil von landwirtschaftlichen Flächen von rund 30 % auf derzeit nur noch 15 % gesunken. Die Stadt wachse und daher verstehe er auch als Umweltschützer, dass man aus Platzmangel auch Waldbereiche prüfen müsse. Diese Prüfung würden zusammen mit externen Fachbüros durchgeführt, da aufgrund des Artenschutzes umfangreiche natur- und forstrechtliche Ausgleichsmaßnahmen nötig seien, sowohl in Klapfenhardt, als auch im Ochsenwäldle. Ein Ausgleich könne durch Ersatzflächen durchgeführt werden, aber auch durch Sicherung von Altholzflächen als Naturwaldzonen.
Die Waldfläche Klapfenhardt beträgt insgesamt über 300 Hektar und ist in weiten Teilen ein naturnaher Laublichtwald mit unterschiedlich alten Waldbeständen, teilweise mit bis zu 170 Jahre alten Eichen. So wie 90 % der Pforzheimer Waldflächen wird auch der Wald um Klapfenhardt aktiv bewirtschaftet. Auf die Frage, warum Klapfenhardt nach Jahren und nach mehreren negativen Gutachten wieder ins Gespräch für ein Gewerbegebiet gekommen sei, antwortete Haller, dass sich zur Bewertung von Klapfenhardt wenig geändert habe, aber das Waldgebiet Ochsenwäldle sich nach ersten Prüfungen sich als so belastet gezeigt habe, dass man zwangsläufig Klapfenhardt wieder prüfen müsse.
OB Boch stellte klar, dass Pforzheim die Notwendigkeit habe, in weitere Gewerbegebiete zu investieren, Klapfenhardt aber definitiv als Gewerbegebiet entwickelt würde und nicht als Industriegebiet. Müsste man dazu keine Waldflächen angreifen, würde er dies auch nicht tun. Zudem seien in der bisherigen Planung nur 68 Hektar die Diskussionsgrundlage für ein Gewerbegebiet und das könne, je nach Ergebnis der Prüfungen, auch weniger Fläche sein, bis hin zu einer völlig Nichteignung des Gebietes. Auch sei denkbar, nicht die gesamten 68 Hektar zu erschließen, sondern in Bauabschnitten zunächst einen kleineren Bereich.
Manfred Pflüger von der Bürgerinitiative Nord fragte in einem Redebeitrag OB Boch direkt, ob dieser in einem Gespräch gesagt habe, dass ihm, Boch, auch “100 oder 120 Hektar lieber seien” – Boch bejahte dies, ohne näher darauf einzugehen. Pflüger argumentierte weiter, dass der Wald “nicht so alt wie sein ältester Baum” sei, sondern Klapfenhardt schon 1527 und früher dokumentiert wurde. Er machte hier einen Vorwurf an Bürgermeisterin Schüssler, die das aus Sicht der Bürgerinitiative Nord falsch darstellen würde. “Diese Art und Weise, wie dort gearbeitet wird, gibt uns schwer zu denken”, so Pflüger weiter. “Im Laufe der weiteren Untersuchungen werden wir viel erleben, was dort gemauschelt und getan wird, um dieses Ziel zu erreichen.”
Die Aussage eines Bürgers, dass Boch nicht frühzeitig im Gespräch mit Bürgermeisterkollegen im Enzkreis gewesen sei, verneinte er deutlich. Dies stimme nicht, er sei im Gespräch gewesen und die Bürgermeisterkollegen hätten die Pläne für Klapfenhardt keineswegs zuerst aus der Presse gelesen. Die Bürgermeisterkollegen in Ispringen, Wurmberg und Niefern-Öschelbronn seien die ersten Personen gewesen, die er zu diesem Thema kontaktiert habe.
Bürgermeisterin Schüssler skizzierte auf die Frage einer Bürgerin die weitere Vorgehensweise. Die Prüfungen seien bis Ende des Jahres geplant, würden aber, falls diese länger dauern würden, bis ins Frühjahr 2019 fortgesetzt. Für das Gebiet Ochsenwäldle sei zudem eine Prüfung ohne das Gebiet der früheren Erddeponie im Gespräch, um hier schneller zu Prüfungsergebnissen zu kommen, da man um die Problematik der Erddeponie wisse.
Prüfungsergebnisse würden, so bald diese vorliegen, zeitnah dem Gemeinderat öffentlich vorgelegt, so dass diese Informationen auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stünden. Letztlich habe dann der Gemeinderat das alleinige Entscheidungsrecht. “Nicht der Oberbürgermeister allein, er hat auch nur eine Stimme im Gemeinderat”, so Schüssler. Gespräche würden auch mit Gemeinden und dem Regionalverband geführt, allerdings werde nur der Pforzheimer Gemeinderat über das zukünftige Pforzheimer Gewerbegebiet entscheiden.
Die überaus sachlich gehaltene Begehung wurde von zwei Kräften des Anti-Konflikt-Teams der Polizei begleitet, deren vorsorgliche Teilnahme auch rein vorsorglich blieb. Auf die Frage einer Bürgerin, ob auch eine Begehung des Waldstücks Ochsenwäldle angeboten würde, antwortete Schüssler positiv; für den Herbst sei eine entsprechende Begehung in der Planung.