Alle zwei Jahre füllt die Diskussion darüber die Spalten der Lokalmedien – die Entstehung des kommunalen Haushalts einer Stadt. Was hier passiert, prägt eine Kommune.
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Der Haushaltsentwurf der Stadt Pforzheim spricht buchstäbliche Bände. Weit über 1.000 Seiten stark befindet der Haushaltsentwurf über einen Gesamtetat von rund 1,2 Milliarden Euro. Darin befinden sich ebenso Kosten für das Wohnungsgeld, für die Präsentation der Stadt auf Messen, für die Verkehrsplanung und für Zuschüsse an Kulturbetriebe, Sozialeinrichtungen, Sportvereine und -einrichtungen, städtisches Personal und vieles mehr. Die Pforzheimer Stadtverwaltung ist der mit Abstand größte Betrieb und Arbeitgeber in Pforzheim. Und sein Haushalt wird weitgehend öffentlich geplant und in Kraft gesetzt.
Kamerale Buchführung und “Doppik”
Die Art und Weise, wie Kommunen Buch über ihre Ausgaben führen müssen, richtet sich an zwei Verfahren, der so genannten “kameralen Buchführung” und der “Doppik”. Die kamerale Buchführung ist eine erweiterte Form der Einnahmenüberschussrechnung, während das Kunstwort “Doppik” schon birgt, um was es hier geht – “Doppelte Buchführung in Konten”.
Die “Doppik” ist inzwischen für alle Kommunen in Baden-Württemberg verpflichtend und ermöglicht eine transparentere Übersicht über eingesetzte Ressourcen, weil nicht nur auf einige wenige Konten gebucht wird, sondern auf eine Vielzahl an standardisierten Konten. Darüber hinaus gibt es in der Doppik das Mittel der Abschreibung für Wertminderung von Anlageobjekten.
Chancen und viel Arbeit, denn eine Doppik-Buchführung ist deutlich komplexer, als eine kamerale. Dazu kommt, dass der kommunale Haushalt in einem Doppelhaushalt geführt wird, also gleich zwei Haushaltsjahre verabschiedet werden.
Der kommunale Haushalt als Gemeinschaftswerk
Nicht nur wird ein kommunaler Haushalt transparent geplant – es wird darüber auch durch die Öffentlichkeit abgestimmt, nämlich durch den Gemeinderat als in Kommunalwahlen gewählte Vertretung der in einer Kommune lebenden Bevölkerung.
Und damit lassen sich schon einige weit verbreitete Annahmen in das Reich der Mythen und Legenden verschieben, allen voran über die Entscheidungsgewalt des Oberbürgermeisters:
“Der Oberbürgermeister macht den Haushalt!”
Das ist insofern richtig, als dass der Oberbürgermeister als Leitung der Stadtverwaltung für die Erstellung des Haushaltsentwurfs zuständig ist. Sprich: Er, seine Bürgermeisterkollegen und sein Finanzvorstand (der so genannte “Kämmerer”) erstellen auf Basis von Berichten und Bedarfsanmeldungen der Ämter einen Haushaltsentwurf.
Zu Beginn und während der Erstellung des Haushaltsentwurfs legen Verwaltung und Gemeinderat üblicherweise noch Eckpunkte zum Haushaltsentwurf fest. Hier werden beispielsweise Zukunftsprojekte oder außergewöhnliche Belastungen in die Planung aufgenommen.
Die Erstellung des Haushaltsentwurfs ist üblicherweise ein langwieriger und höchst komplexer Vorgang, der weitgehend hinter den Kulissen der Stadtverwaltung passiert und eine Vielzahl von Kräften und Ressourcen bindet. Berichte und Bedarfsanmeldungen der Ämter müssen gelesen, bewertet und in eine Gesamtrechnung aufgenommen, erläuternde Informationen erstellt werden.
Ist ein Haushaltsentwurf fertig, kommt die Einbringung des Haushaltsentwurfs in den Gemeinderat, üblicherweise in einer Sondersitzung des Gemeinderates, in der Oberbürgermeister und Kämmerer einleitende Reden zum Entwurf halten. Ab diesem Zeitpunkt ist der Haushaltsentwurf öffentlich und kann von jeder Bürgerin und von jedem Bürger eingesehen werden.
Der Gemeinderat übernimmt und berät
Nach der Einbringung des Haushaltes in den Gemeinderat beginnen die Fraktionen und Gruppierungen mit internen Prüfungen. In fraktions- bzw. gruppeneigenen Sitzungen und in Klausurtagungen wird der Entwurf bearbeitet, Angaben geprüft, Änderungsvorschläge gesammelt und ein fraktions- bzw. gruppeneigener Konsens geschaffen.
Im nächsten Schritt folgen die Beratungen zum Haushaltsentwurf im Haushalts-/Finanzausschuss des Gemeinderates. In diesen üblicherweise öffentlichen Beratungen erläutern Stadtverwaltung und Ämter ihre Berichte und Haushaltsplanungen und die Mitglieder des Ausschusses bringen ihre Änderungsvorschläge ein. Auf diese Weise wird der Haushaltsentwurf über mehrere Tage hinweg durchgearbeitet. Änderungswünsche werden diskutiert und üblicherweise innerhalb des Ausschusses auch gleich darüber abgestimmt.
Den Beratungen des Haushalts-/Finanzausschuss folgen bei Bedarf weiterer Gespräche und Klärungsrunden in betroffenen Ausschüssen oder der Stadtverwaltung, wenn zu einzelnen Punkten im Haushaltsentwurf in den Beratungen keine Entscheidung getroffen werden konnte und der jeweilige Posten zu Beratungen zurückgestellt wurde.
Ziel ist es, bis zu einer weiteren Sitzung des Gemeinderates – üblicherweise ist es eine der letzten Gemeinderatssitzungen des Jahres – einen endgültigen Haushaltsentwurf zu verabschieden. Stimmt der Gemeinderat hier mit einer Mehrheit zu (und davon ist nach der vorherigen Beratung üblicherweise auszugehen), ist der Haushaltsentwurf ein gültiger Haushaltsplan, der abschließend von der nächsthöheren Behörde, dem Regierungspräsidium, auf Rechtsgültigkeit und auf die Einhaltung gegebener Vorgaben geprüft und genehmigt wird.
Für den Fall der Fälle – der Nachtragshaushalt
Für jeden Haushalt gilt, dass er letztlich zum Zeitpunkt der Verabschiedung gemacht ist. Gerade bei einem Doppelhaushalt mit einer Laufzeit von zwei Jahren lassen sich nicht alle Risiken planen. Beispielsweise ergibt sich die akute Notwendigkeit für eine größere Anschaffung oder Reparatur. Hier muss eine Haushaltsplanung einer Kommune flexibel reagieren und auch nachträglich eine Ergänzung eines bereits gültigen Haushaltsplanes umsetzen können.
Solche nachträglichen Änderungen werden mit einem so genannten Nachtragshaushalt durchgeführt. Die Planungen und Abstimmungsprozesse für einen Nachtragshaushalt laufen im Prinzip ähnlich ab wie für einen normalen Haushaltsplan, nur sind sie üblicherweise deutlich kleiner und beinhalten nur die Punkte, die im Vergleich zum eigentlichen Haushaltsplan nachträglich geändert werden müssen.