Wer mit offenen Augen durch die Einkaufsregale geht, entdeckt beim Kleingedruckten manchmal eine Überraschung. (Lesezeit: 4 Minuten)
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Das Wasser beginnt im Wasserkocher zu brodeln und Besim stellt eine Holzkiste mit Glasdeckel vor mir auf den Tisch. Schön sortiert finde ich zwanzig verschiedene Teesorten, angefangen vom klassischen indischen Schwarztee, über Grünen Tee, Earl Grey bis hin zur feinen Früchtemischung, für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Normalerweise bin ich der „Heiße-Schokolade-Typ“, und das selbstverständlich „zur Unterstützung des Diätprogramms“ :-), bevorzugt mit Sahne. Aber da dies heute nicht im Angebot ist, entscheide ich mich für einen würzigen Kräutertee und genieße das Ritual der Teezubereitung. Und auch Besim macht es sichtlich Freude, seine Gäste mit verschiedenen Teesorten zu verwöhnen. Für ihn ist Teekochen eine Zeremonie. Ja, so eine kleine Redaktionssitzung macht richtig Spaß.
Bei meinem nächsten Einkauf war ich dann auf der Suche nach dem Tee, den ich probieren durfte und stieß dabei auf ein Angebot eines in bunten Kapseln verpackten, teeähnlichen Getränks. Der Blick auf das Preisschild ließ mich ungläubig erschaudern: Durch die gesetzlich vorgeschriebene Preisangabenverordnung muss an allen Waren der Preis in einer gleichen Einheit angegeben sein. So kann man feststellen, ob das vermeintliche Angebot tatsächlich so günstig ist, wie es auf den ersten Blick aussieht. Werden zum Beispiel Wurstscheiben verpackt, so scheint die eine Packung billiger zu sein als die nebenan liegende, vergleicht man allerdings den unter dem Packungspreis angegebenen Kilopreis stellt man fest, dass die andere Packung günstiger ist, weil zum Beispiel die doppelte Menge beinhaltet ist.
Für den Preis von einem Kilo Kapseltee geht eine vierköpfige Familie essen
Und so war es dann auch mit diesem Tee. Auf den Täuschungsversuch mit dem 100-Gramm-Preis fiel ich nicht herein und so stellte sich nach kurzem Kopfrechnen heraus, dass ein Kilo Tee dieser Marke über 100 Euro (!!!) kosten. Zum Vergleich: Der Kilopreis eines Kräuter-Tees einer bekannten Marke in den üblichen Teebeuteln kostet gerade mal 20 Euro.
Man versucht also dem Verbraucher etwas günstiges vorzugaukeln und verlässt sich darauf, dass der Kunde durch bunte attraktive Packungen zum Kauf verleitet wird und nicht mitrechnet, was er eigentlich ausgibt.
Die Berater verkaufen ihr Produkt tassenweise
Zum ersten Mal sind mir diese übertriebenen Preise in einem Elektromarkt aufgefallen. Hier gibt es nicht nur die Kaffeemaschinen, sondern auch gleich entsprechende Kapselvorräte zu kaufen. „Eine Tasse von diesem Crema-Café kostet nur 37 Cent“ hat mir eine sympathische Verkäuferin gesagt und bot mir zu einem Probeschluck auch noch gleich gratis einen Keks an. Auf meine Frage nach dem Kilopreis des Kaffees entglitten ihr kurzzeitig die Gesichtszüge und sie ging professionell über zum geordneten Rückzug. Mit ihrem süßesten Lächeln legte sie ein „Sie können selbstverständlich auch No-Name-Produkte mit unserer Maschine zubereiten“ nach und versuchte meine Kaufinteresse wieder anzuregen. Als ich nochmals den Kilopreis wissen wollte, nahm sie eine Verkaufspackung und tat, als würde sie eine Gramm-Angabe suchen und musste dann kleinlaut zugeben, dass dort keine Angaben zu finden sind, versprach aber, schnellstmöglich bei der Gebietsbetreuung nachzufragen.
Natürlich geht die Zubereitung eines Heißgetränks in der Kapselmaschine um einiges schneller als frisch aufgebrüht mit einer französischen Presse. Aber warum gönnt man sich nicht den Luxus, im hektischen Alltag eine kleine Auszeit zu nehmen und bei einer von Hand aufgegossenen Tasse Kaffee oder Tee seine Pause zu genießen?
Und machen sie sich mal den Spaß und rechnen sich aus, wieviele Liter Tee und Kaffee sie sich kochen können, wenn sie sich die Getränke auf alt hergebrachte Weise herstellen und dann in einer Thermoskanne mitnehmen.
Ich jedenfalls freue mich schon auf den nächsten Besuch bei Besim in der Redaktion. Ich glaube, dann nehme ich den Tee mit Bratapfel-Geschmack.