Mehrheit des Kreisvorstands fordert in Pressemitteilung Rücktritt von SPD-Kreisvorsitzendem Christoph Mährlein.
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In einer Pressemitteilung haben heute Mitglieder des restlichen Kreisvorstandes auf die Entscheidung zur Wahlanfechtung reagiert, die gestern von SPD-Kreisvorsitzendem Christoph Mährlein und zwei weiteren Kreisvorstandsmitgliedern veröffentlicht wurde. In aller Deutlichkeit wird hier der Bruch innerhalb des Kreisvorstandes sichtbar.
Bei der Mehrheit der Mitglieder des Kreisvorstandes der SPD Pforzheim habe die gestern abgegebene Entscheidung zur Wahlanfechtung „Überraschung, Unverständnis und großen Ärger“ ausgelöst. „Wir sind über die gestern veröffentlichte Entscheidung empört und wir widersprechen klar“, so Vorstandsmitglied Kristin Gegenheimer. Seit der Zustellung der Anfechtungsklage gegen die Wahl der Delegierten am 27.7. habe es keine Vorstandssitzung und Austausch unter den Vorstandsmitgliedern gegeben und selbst nach der Aufforderung durch mehrere Vorstandsmitglieder, eine solche einzuberufen, sei nichts dergleichen geschehen. Der gewählte Kreisvorstand konnte sich demnach mit dieser Fragestellung überhaupt nicht befassen.
„Unserer Auffassung nach muss sich der gesamte Kreisvorstand mit solch einer entscheidenden Fragestellung befassen,“ so Ralf Fuhrmann, „dann kann das weitere Vorgehen gemeinsam besprochen und abgestimmt werden.“ Das nun vom Kreisvorsitzenden gewählte intransparente Verfahren sei „zutiefst undemokratisch und widerspricht den Gepflogenheiten in der SPD“. Die vorgebrachten Gründe der Befangenheit seien auch nach Rücksprache mit der Landes-SPD nicht stichhaltig und nachvollziehbar. Die organisatorischen Probleme, die auch intern angesprochen wurden, hätten aber nicht zu einer Verzerrung oder Verfälschung des Wahlergebnisses beigetragen. Vielmehr seien nicht wahlberechtigte Mitglieder von Mährlein selbst auf die Wahlvorschlagslisten gesetzt worden, obwohl er gewusst habe, dass diese noch nicht formal aufgenommen seien.
Kreisvorstandsmitglieder fordern Rücktritt von Mährlein
Unter weiteren Druck gerät nun Kreisvorsitzender Mährlein, der in der Mitteilung direkt angegriffen wird.
Das Vertrauen im Kreisvorstand sei durch dieses Vorgehen und Handeln nun „völlig zerstört“. „Wir sehen keine Möglichkeit der weiteren konstruktiven vertrauensvollen Zusammenarbeit mit dem Kreisvorsitzenden Dr. Christoph Mährlein“ so die stellvertretende Kreisvorsitzenden Johanna Kirsch im Namen der Mehrheit der Mitglieder des Kreisvorstands und man fordere „seinen sofortigen Rücktritt und die Niederlegung aller Parteiämter.“ Seine eigene bloße Ankündigung, bei einer nächsten Mitgliederversammlung nicht mehr anzutreten und solange in dieser Art und Weise das Amt „kommissarisch“ auszuüben, sei nicht mehr hinzunehmen und schade der SPD immer mehr. Alles Weitere klärten auch die Verfahrensregeln der Partei.
Mährlein reagiert
Im Laufe des Nachmittags reagierte der angegriffene Vorstandsvorsitzende Christoph Mährlein mit einer eigenen Erklärung. Das Vorgehen, ihn zu diffamieren, entspreche nicht den Werten, für die die SPD stehe, so Mährlein. „Richtig ist aber leider,“ so Mährlein weiter, „dass mindestens seit April wegen solcher Vorgehensweisen die Arbeit des SPD-Kreisvorstandes sehr schwierig ist, wofür ich entgegen diesen Behauptungen nicht die Verantwortung trage.“
Die Vorwürfe zur Fragen nach Besetzung des Vorstandes zur Klärung der Wahlanfechtung sei mit den Beteiligten und dem Landesgeschäftsführer „intensiv diskutiert“ worden. „Diese Frage kann man nur juristisch richtig oder falsch entscheiden,“ so Mährlein, „aber sie ist einer demokratischen Entscheidung nicht zugänglich.“ Zudem habe er nicht an der Mandatsprüfung mitgewirkt, sondern bei „einzelnen Mitglieder im Vorfeld nachgefragt, ob sie stimmberechtigt“ seien.
Deutliche Reaktion vom Landesvorstand
Aufgrund der Geschehnisse sah heute auch Landes-Generalsekretär Sascha Binder Anlass für eine Klarstellung in einer Pressemitteilung der SPD Baden-Württemberg:
„Herr Mährlein agiert eigenmächtig ohne einen Beschluss der gewählten Pforzheimer Parteigremien. Zuständig für die Entscheidung über eine Wahlanfechtung im Ortsverein ist nicht allein der Kreisvorsitzende, sondern der gesamte Kreisvorstand. Es gab aber weder eine Sitzung des Kreisvorstands noch wurde zu einer solchen eingeladen. Es ist gut, dass sich der Kreisvorstand in Pforzheim diese selbstherrliche Vorgehensweise nicht gefallen lässt“, erklärte Binder.
Der Generalsekretär wies darauf hin, dass der Vorstand des Ortsvereins Pforzheim einstimmig beschlossen habe, dass die Delegiertenwahl ordnungsgemäß verlaufen sei und keine Gründe für eine Anfechtung vorliegen. „Trotzdem steht natürlich jedem, der Zweifel daran hat, eine offizielle Anrufung der parteiinternen Schiedskommission offen“, so Binder.
Update 20.08.2020, 16:12 Uhr: Ergänzung mit der Reaktion von Christoph Mährlein hinzugefügt.
Update 20.08.2020, 20:08 Uhr: Reaktion des Landesvorstands der SPD-Baden-Württemberg hinzugefügt.