Armutsquote in Deutschland und Baden-Württemberg gestiegen

Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband

12.000 Personen in Pforzheim im Hartz-IV-Bezug. Für Spendenprojekt werden gebrauchte Laptops und Tablets gesucht.

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Laut aktuellem Armutsbericht 2020 des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Gesamtverband hat die Armutsquote in Deutschland mit 15,9 Prozent (rechnerisch 13,2 Millionen Menschen) einen neuen traurigen Rekord erreicht. Auch in Baden-Württemberg ist die Armutsquote um 0,4 Prozent auf 12,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Im Nordschwarzwald ist die Armutsquote um 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr (14,1) auf 13,6 Prozent gesunken.

Im bundesweiten Trend hat die Armut bei Alleinerziehende, Arbeitslosen und kinderreichen Familien weiter zugenommen. Dramatisch ist die Zunahme bei den Rentner*innen und Pensionär*innen auf 17,1 Prozent. Die Kinderarmut in Baden-Württemberg erreicht einen neuen Höchststand von 14,8 Prozent. Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg fordert eine menschenwürdige Grundsicherung, die das Existenzminimum sichert und armutsfest ist sowie die Einführung einer Kindergrundsicherung. Regionale Armutsentwicklungen müssten in den Armuts- und Reichtumsbericht des Landes aufgenommen und eine entsprechende Infrastrukturpolitik zur Armutsbekämpfung vorangetrieben werden, mahnt der Verband.

„Im bundesweiten Vergleich steht Baden-Württemberg gut da. Dennoch ist die Armutsquote in unserem Bundesland um 0,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen, die der Kinderarmut um 0,2 Prozent. Das einzige, was gegen Armut hilft, ist Geld. Wir brauchen endlich eine Politik, die Armut überwindet und sozialen Aufstieg ermöglicht. Eine menschenwürdige Grundsicherung muss das Existenzminimum sichern und armutsfest sein. Menschen, die keine Existenznöte haben, sind gesünder, leben länger und sind weniger psychisch belastet“, betont Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Mit der Corona-Pandemie verschärfe sich die Situation armer und armutsgefährdeter Menschen im Land. „Frische Lebensmittel sind teurer geworden. Dazu kommen zusätzliche Ausgaben für notwendige Schutzkleidung und Hygieneartikel. Die Betroffenen haben keine finanziellen Rücklagen“, so Wolfgramm.

In Pforzheim 12.000 Bürger im Hartz-IV-Bezug

„Chancengerechtigkeit und Bildungserfolg hängen immer noch eng mit der finanziellen Situation von Familien zusammen“, weiß Ute Hötzer, Mitglied im Kreisvorstand vom PARITÄTISCHEN Pforzheim / Enzkreis. „Allein in Pforzheim leben 12.000 Bürger*innen im Hartz-IV-Bezug, davon 1.000 Alleinerziehende und 1.100 Paarfamilien. Die Zahlen zeigen auf, wie stark Pforzheim betroffen ist. Jedes fünfte Kind in Pforzheim ist nach der Kommunalstatistik arm. Hötzer stellt jedoch auch klar: „Zu jedem Kind gehören auch Eltern und Erwachsene, daher müssen Familien gestärkt werden, so dass sie in allen gesellschaftlichen Bereichen teilhaben können.“ Das Bildungs- und Teilhabepaket sei gut gemeint, komme jedoch bei den Betroffenen nicht an. In Pforzheim profitierten lediglich 2,9 % der Kinder- und Jugendliche im Alter von 6 bis unter 15 davon.

Laptops und Tablets als Spenden gesucht

Damit digitale Teilhabe auch für arme Familien in der Region möglich ist, setzt sich der PARITÄTISCHE Kreisverband Pforzheim/Enzkreis für unbürokratische Hilfe vor Ort ein. Gemeinsam mit der Bildungsinitiative von Reinhard Gotsch ruft der Verband zur Sach- und Geldspende auf. Gotsch ist einer der Mitbegründer der seit Juli bestehenden Initiative. „Wir setzen uns dafür ein, dass Familien in Armutslagen einen Laptop oder ein Tablet erhalten und bei Bedarf noch eine Grundeinweisung“, beschreibt Gotsch sein Engagement. Hierfür sammle die Initiative gebrauchte Geräte und auch Geldspenden, um die Umsetzung der Grundeinweisung in Form von Workshops und Coachings finanzieren zu können. Alte Geräte können bei mlkauf, Naglerstraße 2b und Q-PRINTS, Simmlerstraße 10 abgegeben werden. Die Ausgabe organisiert das Familienzentrum Au und Q-Prints sowie auch die Einweisung zum Umgang damit.

Armutsbetroffene Kinder und Jugendliche brauchen passgenaue, einzelfallorientierte und individuelle Hilfe- und Fördermaßnahmen. Mit dem neuen PARITÄTISCHEN landesweiten Netzwerkprojekt SILKY – Social Inclusion Labs für Kids und Youngsters – werden Kinder und Jugendliche schon ganz früh ab Klasse 5 gestärkt, die Lust und Chance zu bekommen, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Am Standort Pforzheim unterstützt Q-PRINTS&SERVICE gGMBH Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung.„Charakteristisch für das Lab in Pforzheim ist die Arbeit mit jesidischen jungen Menschen. Die Teilnehmenden kommen meist mit einer traumatischen Fluchtgeschichte und schwierigen Familiensituationen in das Projekt. Die kulturelle Arbeit nimmt daher einen wesentlichen Teil im Projekt ein. Hierbei spielt spezifisch das Bild der Frau und des Mannes in der jesidischen Kultur eine große Rolle, das stark im Kontrast zum deutschen Rollenbild steht“, erklärt Annabell Böhringer, SILKY-Koordinatorin bei Q-PRINTS&SERVICE gGMBH. „In Zeiten von Corona haben die Jugendlichen noch stärker das Bedürfnis nach Unterstützung, da die sozialen Kontakte zu Freunden und Schule stark eingeschränkt sind. Wir mussten beobachten, dass es den Jugendlichen schwer fällt den veränderten schulischen Ansprüchen gerecht zu werden,“ so Böhringer.

Der Paritätischen Armutsbericht 2020 kann unter www.der-paritaetische.de/schwerpunkte/armutsberichte/ heruntergeladen werden.

Quelle(n): pm

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