Stadtwerke hoffen auf grundsätzliche Entscheidung bezüglich unterschiedlicher Grundversorgungstarife.
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Im Zuge der Versorgungseinstellung einiger Energiediscounter wie beispielsweise „gas.de“ oder „Stromio“ hatten die Stadtwerke Pforzheim im Dezember 2021 sowie im Januar 2022 gesonderte Preise in der Grund- und Ersatzversorgung für Neukunden eingeführt, die im Rahmen der Kündigung ihres bisherigen Versorgers von den Stadtwerken aufgenommen werden mussten. Diese Preise hatten es bundesweit zu einer gewissen Berühmtheit gebracht, wurden doch hierbei von Neukunden in der Grund- und Ersatzversorgung zunächst 107,66 Cent pro Kilowattstunde Strom verlangt – eine Anhebung des Preisniveaus auf 336 Prozent im Vergleich zu Bestandskunden.
Da dies sehr kurzfristig geschehen musste und entsprechende Energiemengen für Neukunden in vierstelliger Zahl nicht vorhanden gewesen sind, so die Stadtwerke Pforzheim, mussten zu den damals sehr hohen Marktpreisen tagesaktuell Energie nachbeschafft werden. Um die Preisstabilität für die Bestandskunden zu sichern und gleichzeitig das Unternehmen gegen wirtschaftliche Turbulenzen abzusichern, haben sich die SWP – wie über 400 weitere Energieversorger auch – dazu entschlossen, eigene Neukundentarife einzuführen und diese entsprechend anzupassen.
Das Landgericht Mannheim untersagt den Stadtwerken Pforzheim, von Neukunden in der Grund- und Ersatzversorgung höhere Preise zu verlangen. Ein Wettbewerber hatte hierzu beim Landgericht einen entsprechenden Antrag gestellt. In der am Mittwoch verkündeten Entscheidung (AZ 22 O 3/22 Kart) heißt es, das Stadtwerk „missbrauche seine marktbeherrschende Stellung“.
Die SWP prüfen nun, Rechtsmittel einzulegen, da es sich hier um eine „rechtlich hochumstrittene Fragestellung“ handele und bereits mehrere anderslautende erstinstanzliche Entscheidungen vorliegen (z.B. Urteil des LG Berlin vom 25.01.2022, Beschluss des LG Leipzig vom 02.02.2022, Beschluss des LG Köln vom 08.02.2022). In einigen Verfahren sind bereits Rechtmittel anhängig, so dass die Stadtwerke Pforzheim auf eine baldige rechtsverbindliche Klärung hofft. Gleichwohl werden die SWP aus unternehmerischer Sorgfalt nur noch einen Grundversorgungstarif anbieten und eine zukünftige Preisanpassung – nun für das gesamte Kundensegment – prüfen.
Nach wie vor sind die SWP davon überzeugt, dass durch die Entscheidung Ende Dezember 2021 für einen gesplitteten Grundversorgungstarif vor allem die besonders schützenswerten Bestandskunden, die oft aus persönlichen Gründen keine Wechselmöglichkeiten haben, gegen das risikoreiche und kurzfristig angelegte Geschäftsmodell einiger Energiediscounter geschützt wurden. Auch die führenden Verbände (VKU und BDEW) teilen die Auffassung, dass Grundversorger die Möglichkeit haben müssen, angemessen auf extreme Steigerungen von Beschaffungskosten und Kundenzuwächse aufgrund von Lieferstopps anderer Versorger reagieren zu können.
Quelle(n): pm