Zurück zu Tempo 50 und damit zurück zu mehr Lärm? Fordert die FDP-Fraktion.
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Es ist schon außergewöhnlich, was reine Showpolitik für Blüten vorbringen kann. Während sich deutschlandweit viele Kommunen – endlich – substantiell mit dem Thema Lärmschutz auseinandersetzen müssen und darin explizit auch der überbordende Autoverkehr einbezogen werden muss, will die FDP-Fraktion im Pforzheimer Gemeinderat das Tonbandgerät einfach auf Rückwärts stellen, in dem auf einer der zentralen und lautesten Verkehrsachsen Pforzheims pauschal wieder Tempo 50 gelten soll.
Dass diese Forderung eine reine Sommerloch-Show ist, merkt allerdings selbst der bleifüßige Autofahrer aus mehreren Gründen:
- Schon jetzt ist es so, dass auf weiten Teile dieser „Verkehrsachse“ nur ein nächtliches Tempolimit auf 30 Stundenkilometer ausgewiesen ist. Und damit ist diese Tempobeschränkung für eine überwiegende Zahl der Verkehrsteilnehmer gar nicht von Belang. Warum man nachts anstatt 30 eben Tempo 50 fahren müsse, um den Verkehrsfluss zu verbessern, ist niemandem sinnvoll zu erklären. Wohl aber das Gegenteil den Menschen, die auch mal mit geöffnetem Fenster zu Bett gehen wollen.
- Lärmschutz kann nicht nur für reine Wohngegenden gelten, sondern ist überall da gefordert, wo Menschen wohnen. Das tun sie beispielsweise auch in der Bleichstraße, in der Calwer Straße, in der Jahnstraße, der Berliner Straße und nicht zuletzt auf der Wilferdinger Straße. Ob sie die dortigen Bewohner beim Bezug ihres Refugiums dessen bewusst waren, dass sie an einer stark befahrenen Verkehrsachse wohnen werden, ist in Sachen vermeidbarem (!) Lärmschutz dabei belanglos. Die Stadtverwaltung und auch der Gemeinderat haben die Verpflichtung, Lärmschutz umzusetzen, wo immer das auch möglich ist.
- Die „Verkehrsachse Kupferhammer – Wilferdinger Höhe“ ist in weiten Teilen tagsüber auch vor dem partiellen Tempolimit auf 30 Stundenkilometer nicht ansatzweise mit Tempo 50 zu befahren gewesen. Stop-and-Go hat in diesem Teil des Straßennetzes daher wenig mit Tempolimits zu tun, sondern schlicht mit zu viel Autoverkehr auf nicht unendlich weiter vergrößerbarer Fahrbahnfläche.
Das Perfide an diesem regelrechten Sommerloch-Antrag ist, dass der FDP-Fraktion mehr als klar sein dürfte, dass die geforderten Ziele des Lärmaktionsplanes auf kommunaler Ebene gar nicht diskutabel sind, sondern sich an übergeordnete Vorgaben richtet. Es ist nämlich nicht so, dass die flächendeckende Einführung von Tempo 30 nur ein „Pforzheimer Problem“ ist, wie hier suggeriert wird. Lärm macht weltweit krank und wenn wir das wissen, müssen wir etwas dagegen zu tun. Menschen zu sagen, sie sollen halt in eine ruhigere (und üblicherweise auch teurere) Gegend ziehen, ist gegenüber Wenigverdienern keine akzeptable Antwort. Noch nicht einmal, wenn sie von der FDP stammt.
Für wen sind Verkehrsschilder?
Ein Satz von Hans-Ulrich Rülke bleibt im Antrag besonders im Gedächtnis, wenn er sagt, dass es nicht sein dürfe, „dass man vor lauter ‚Auf die Schilder‘ achten vom Verkehrsgeschehen abgelenkt wird.“
Doch, Herr Rülke, das darf sein.
Die Stadt gehört nicht nur Autofahrern und wer Auto fährt und sowieso schon davon profitiert, dass viele Millionen Steuergeld dafür aufgewendet werden, die Fahrbahnen intakt zu halten, muss sich an Regeln halten, auch wenn sie den ein oder anderen Autofahrer nach Meinung der FDP überfordern könnten. Fahrschule, erste Lehrstunde. So einfach ist das.