Land strebt bei der Planung einer Erstaufnahmeeinrichtung "Einvernehmen" mit Stadt- und Landkreisen an - garantiert das aber nicht.
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Eine Kleine Anfrage des Pforzheimer Landtagsabgeordneten Hans-Ulrich Rülke (FDP) sorgt für eine weitgehend klare Auskunft darüber, wer über eine Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) entscheidet und welche Eingriffsmöglichkeiten der Pforzheimer Gemeinderat hat. Rülke hatte die Kleine Anfrage Anfang Januar gestellt, die von Justiz- und Migrationsministerin Marion Gentges (CDU) beantwortet wurde.
Im Kern, so Gentges, sei ein Einverständnis der Standortkommune einer Landeserstaufnahmeeinrichtung „grundsätzlich nicht Voraussetzung“ für die Nutzung einer Liegenschaft. Das sehe die Verordnung des Integrationsministeriums über die Einrichtung weiterer Landeserstaufnahmeeinrichtungen vom 8. März 2015 so vor, die eine Bestimmung von Standorten im „Benehmen“ mit dem betroffenen Stadt- oder Landkreis und der Gemeinde vorsieht. Im Detail bedeutet dies, dass die Behörde Gelegenheit habe, „sich in das Verfahren einzubringen“, im Gegensatz zu einem „Einverständnis“ sei jedoch „keine Willensübereinstimmung“ zwischen Land und Kreis/Gemeinde erforderlich. Es sei jedoch „Ziel der Landesregierung“, ein Einvernehmen mit den Standortkommunen herzustellen, was bisher auch „immer gelungen“ sei, weshalb bislang „in keiner Kommune eine Erstaufnahmeeinrichtung gegen den Mehrheitswillen des örtlichen Gemeinderats in Betrieb genommen wurde“.
Rülke sieht Einflussmöglichkeiten des Gemeinderats
„Es stimmt nicht, dass die Stadt und der Gemeinderat keinen Einfluss haben sollen. Ich wollte wissen, ob die Landesregierung von den Ausnahmemöglichkeiten, die das Recht zum aktuellen Stand vorsieht, einen LEA-Standort auch gegen den Willen des örtlichen Gemeinderates durchzusetzen, Gebrauch machen würde, sofern der Gemeinderat sich gegen eine LEA im Brötzinger Tal ausspricht“, so Rülke. Daraus schließt Rülke, dass das Land zunächst nicht die Absicht habe, eine LEA gegen den Willen einer Ratsmehrheit durchzusetzen. Deshalb solle der Gemeinderat bis zur Sommerpause die Gelegenheit erhalten, über die Einrichtung abzustimmen.
Änderung des Bebauungsplanes möglich, aber …
Auch eine Änderung des Bebauungsplanes zum Zwecke der Festsetzung einer „Nutzung für öffentliche Zwecke“ – derzeit ist es als Gewerbegebiet festgesetzt – sei freilich möglich, so das Justizministerium. Auf diese Weise könnte die Stadt ein Vorkaufsrecht begründen, in denen sie „städtebauliche Maßnehmen zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung in Betracht“ ziehe.
Allerdings bestehen im Baugesetzbuch Sonderregelungen, auf deren Grundlage Vorhaben „unter bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall auch abweichend von bauplanungsrechtlichen Vorgaben zugelassen werden können“.
Land prüft aktuell Standort
Nach Auskunft von Gentges habe das Land eine „ergebnisoffene Prüfung“ zu einer Landeserstaufnahmeeinrichtung im Brötzinger Tal eingeleitet, in der unter anderem bauliche Aspekte, Unterbringungskapazität und die Wirtschaftlichkeit bewertet werden sollen. Derzeit geht das Land von einer Größenordnung von 1.000 Personen aus, die im ehemaligen Bader-Versandzentrum untergebracht werden könnten.