Entwicklung der Gegendemonstration in den letzten Jahren und aktuelle Entwicklungen zu Protesten gegen Rechts führen zu einem Umdenken. (Lesezeit: 3 Minuten)
„Ich wohne jetzt seit 2006 hier und bin zehn Jahre lang am 23. Februar nicht aus dem Haus gegangen“, so Christian Schmidt, Co-Sprecher der Initiative gegen Rechts. Er habe den Hubschrauber auf der anderen Seite der Stadt gesehen, die Zeitung gelesen und gedacht, dass er so nicht auf die Straße gehen könne. Auch Christiane Quincke, Dekanin der Evangelischen Kirche in Pforzheim, sah die Entwicklung der letzten Jahre sorgenvoll. Es habe sie beim letzten Mal „echt geärgert“, wie über den Marktplatz abendlich während der jährlichen Kundgebung hörbar ein Polizeihubschrauber knatterte.
Und tatsächlich artete der 23. Februar in den letzten Jahren immer wieder zu einem regelrechten Politikum aus, wenn Akteure aus dem Umfeld der Gegendemonstration das Gebot der Gewaltlosigkeit missachteten und es vor allem im Bereich des Wartbergs zu Tumulten kam. Das passierte deshalb mit unrühmlicher Regelmäßigkeit, da die Gegendemonstration auch von Organisationen durchgeführt wurde, die nicht der Initiative gegen Rechts angehörten und deren Teilnehmer teilweise auch gar nicht aus Pforzheim kamen. Trauriger Höhepunkt war dann letztes Jahr das Durchbrechen einer Polizeisperre am Hauptbahnhof, bei der Demonstranten unerlaubt über die Gleise liefen und es dabei glücklicherweise zu keinem Unfall kam.
“Mit unserer Entscheidung, die Demonstration zu verlegen, möchten wir zu einer Beruhigung der Situation am Pforzheimer Gedenktag, den 23. Februar beitragen und damit den Menschen in Pforzheim die Teilnahme an einem friedlichen Protest gegen Rechtsextremismus ermöglichen”, so Schmidt. Verbunden ist mit dieser Verlagerung auch die Trennung der Gegendemonstration zur Fackelmahnwache, mit der man sich explizit für eine friedliche und dem Gedenktag angemessene Protestkultur ausspricht. Was „die anderen“ machten, sei nicht die Protestkultur, die man gut finde.
Gleichzeitig möchte man mit der verlagerten Demonstration auch an den vielen großen Protestaktionen gegen die AfD, die in den letzten Wochen – auch in Pforzheim – entstanden, anknüpfen und nun verstärkt auch Gesellschaftsgruppen ansprechen, die bisher zwar an der abendlichen Kundgebung des 23. Februar teilnahmen, aber nicht an der Gegendemonstration vorher.
Beginnen soll die Demonstration am 25. Februar 2024 um 15 Uhr in der Bahnhofstraße an der Stele des Widerstandes gegenüber des Gebäudes des Polizeipräsidiums. Von hier aus soll der Zug nach aktueller Planung über das Hilda-Gymnasium und das Gebäude des ehemaligen Ladengeschäftes von „Betten Weik“ führen, wo jeweils historische Kurzbeiträge gehalten werden sollen. Letztere Station ist zur Erinnerung des Widerständlers August Weik geplant, hier soll der Historiker Gerhard Brändle sprechen.
Nach derzeitigem Stand rechnen die Organisatoren mit 400 Teilnehmern, dies können sich jedoch nach oben verschieben, da man dabei auch Teilnahmezusagen in Social Networks beobachten wolle. Mit dem Amt für Öffentliche Ordnung sei man in engem Austausch.