Schmuckindustrie diskutiert über Themen der Nachhaltigkeit

Referenten der Tagung zu mehr Nachhaltigkeit in der Schmuckbranche, von links: Jason McIntosh, Thorsten Ratzlaff, Raluca Anghel, Guido Grohmann, Desirée Binternagel, Eduard Stefanescu, Michael Huber (Foto: Bundesverband Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien e.V.)

Bundesverband Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien organisiert erstmals Tagung für eine nachhaltigere Produktion.

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Der Bundesverband Schmuck, Uhren, Silberwaren und verwandte Industrien e.V. (BVSU) lud am Dienstag zum „Sustainable Jewellery Day“, einer internationalen Tagung, die zum ersten Mal in Pforzheim stattfindet. Dabei wurden aktuelle Themen der Nachhaltigkeit in der Schmuckindustrie mit Experten der Branche diskutiert.

Nachhaltigkeit ist das bestimmende Thema der Industrie. Bei der Diskussion um den nachhaltigen Umgang mit Edelmetallen, Innovationen wie synthetischen Diamanten unter anderem, treffen zum Teil sehr konträre Meinungen aufeinander. Auch verändern die aktuellen Kriege in der Welt nicht nur die Möglichkeiten des Vertriebs in einer globalisierten Wirtschaft. Entwicklungen wie die Sanktionen der G7-Staaten gegen russische Diamanten haben das Potential, einen ganzen Branchenzweig auf der Seite der Beschaffung zu verändern.

Dr. Michael Huber von der Allgemeinen Gold- und Silberscheideanstalt Pforzheim berichtete für die Fachvereinigung Edelmetalle über die Einstufung von Silber in der EU-Chemikalienverordnung REACH. Im Jahr 2019 wurde für Silber in seinen verschiedenen metallischen Formen ein Vorschlag zur gefahrstoffrechtlichen Einstufung bei der Europäischen Chemikalienbehörde (ECHA) eingereicht. Dem Antrag entsprechend hätte das erhebliche Auswirkungen darauf haben können, ob und wie die Industrie in Zukunft Silber verarbeiten und an Verbraucher verkaufen kann. Huber machte deutlich, dass es nach der erfolgten Einstufung „keine negativen Konsequenzen für Erzeugnisse wie Schmuck und Uhren“ geben wird, jedoch im Bereich der Verarbeitung und dem Handel mit dem Metall in Zukunft gewisse Sicherheitshinweise notwendig sind.

Im Anschluss berichtete Desirée Binternagel über die Benefits und Herausforderungen bei der Einführung von Fairtrade Gold in bestehende Produktionsprozesse. Dabei gab Binternagel, Geschäftsführerin der Fairever GmbH aus Leipzig, einen Überblick zum wichtigsten Siegel für faires Gold aus verantwortungsvollem Kleinbergbau, mit aktuellen Eindrücken aus fair arbeitenden Goldminen in Peru und Kolumbien. Gemeinsam mit der Schmuckgießerei Kalman Hafner aus Pforzheim bietet man seit zirka einem Jahr fair gehandeltes Gold aus zertifizierten Minen auch für die industrielle Schmuckproduktion an.

Eduard Stefanescu, Sustainability Manager bei der Scheideanstalt C. Hafner aus Wimsheim stellte sich anschließend der Frage zur genauen Bedeutung von Recycling-Gold. Dieser Begriff wird seit einiger Zeit in verschiedenen Gremien und Brancheninitiativen diskutiert. Eine internationale ISO-Norm zu diesem Thema ist im Entstehungsprozess und es stellt sich heraus, dass eine klare Darlegung dieses Begriffes auch für langjährige Branchenzugehörige nicht trivial ist. Unterschiedliche Positionen, begründet in verschiedenen Positionen in der Lieferkette machen ein „common understanding“ schwierig, jedoch nicht unmöglich.

Branche hat Verantwortung bei der Förderung von Gold

Eduard Stefanescu und Desirée Binternagel diskutierten im Anschluss mit BVSU-Hauptgeschäftsführer Guido Grohmann über die verschiedenen Wege zu nachhaltigem Schmuck bei der Verwendung von Edelmetallen. Deutlich gemacht wurde, dass die Branche eine Verantwortung hat bei der Förderung von Gold, insbesondere im Kleinbergbau, genau hinzuschauen und nachhaltige Initiativen zum Wohl der dort beschäftigten Menschen und der Umwelt zu unterstützen. Auch für recyceltes Gold besteht die Verantwortung, bei der Definition dessen, was beim Recycling in den Prozess einfließen darf, als deutsche Schmuck-, Uhren- und Edelmetallbranche eine Vorbildrolle zu übernehmen.

Auch bei Netto-Null-Emissionen für Unternehmen, Nachhaltigkeit bei Diamanten und dem EU-Kampf gegen das Greenwashing gab es Vortragsbedarf. So berichtete Torsten Ratzlaff, der mit seinem Unternehmen Freeze Carbon aus Frankfurt/Main andere Unternehmen dabei unterstützt, wie Netto-Null-Emissionen zu erreichen sind und wie eine CO₂-Bilanz aufgestellt wird.

Weitere Vorträgen beschäftigten sich mit der Nachverfolgbarkeit beim Diamantenhandel anhand einer Blockchain und verschiedene EU-Gesetzesinitiativen gegen das „Greenwashing“. Dr. Tom Stephan, Geschäftsführer und Ausbildungsleiter der Deutschen Gemmologischen Gesellschaft mit Sitz in Idar-Oberstein, stellte zum Abschluss Gemeinsamkeiten und Unterschiede von natürlichen und technisch sehr bedeutsamen synthetischen Diamanten dar, um gegenüber dem Verbraucher die Gefahr eines Greenwashings zu vermeiden.

Der Bundesverband zog ein positives Fazit zur Veranstaltung. Guido Grohmann: „So entstehen Impulse für die Zukunft und wir sind mit dem Ergebnis unseres ersten Sustainable Jewellery Days voll und ganz zufrieden. Auf Wunsch vieler Teilnehmer können wir schon jetzt mit Sicherheit sagen, dass wir das Tagungsformat fortsetzen werden.“

Quelle(n): pm

Besim Karadeniz
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