Die Grünen, der Flugschreck!

Flugbetrieb am Flughafen Stuttgart

Sind die Grünen schuld daran, dass der Baden-Württemberger jetzt nicht mehr nach Atlanta direktfliegen kann? Glaubt jedenfalls Hans-Ulrich Rülke.

(Lesezeit: 5 Minuten)

Da blutete das baden-württembergische Herz: Die amerikanische Fluggesellschaft Delta kündigte letzte Woche an, den regelmäßigen Flugplan zwischen Stuttgart und Atlanta mit immerhin vier Abflügen nach der Saison einzustellen. Damit endet nach 38 Jahren die Geschichte der interkontinentalen Flüge von Stuttgart aus in Richtung der USA.

Während Ulrich Heppe, Chef des Stuttgarter Flughafens, ebenfalls den Weggang der Fluggesellschaft bedauert und den Grund des Weggangs gegenüber dem SWR bei den „staatlichen Standortkosten“ wie Luftverkehrssteuer, Luftsicherheitsgebühr und Flugsicherungskosten sucht, hat Hans-Ulrich Rülke in einer Mitteilung auf seiner Website eine ganz andere Erkenntnis: Die Grünen sind schuld! So kommentiert er in der letzten Sommerloch-Woche das Aus der Interkontinentalverbindung zwischen Stuttgart und Atlanta mit den Worten:

„Baden-Württemberg ist als Wirtschaftsland auf Internationalität und Anschlussfähigkeit im Verkehrsbereich angewiesen. Dass nun das Aus der einzigen Interkontinentalverbindung Stuttgarts in die USA droht, ist alleine der Verdienst grün-ideologischer Verblendung. Gerade der grüne Landesverkehrsminister Hermann hätte – zudem als Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens Stuttgart – den größten Hebel, das drohende Aus der Verbindung Stuttgart-USA zu verhindern.“

So einfach ist das aus Rülkes Sicht, wenn es um eine Schlagzeile geht.

Ein Landesminister, der in der Lage wäre, einer internationalen Fluglinie so in den Flugplan hineinzureden, dass sie einen offenkundig unrentablen Linienflug nicht streicht? Eine spannende Vorstellung, zumal die FDP ja eigentlich für eine liberale Politik steht, in der der Staat eben möglichst wenig der Wirtschaft in das Auftragsbuch redet. Ein rülkesche Verblendung, wenn man so will, die mit der Realität einfach mal überhaupt nichts zu tun hat.

Konsequenz der Wirtschaftlichkeit

Dabei genügt eigentlich nur ein Blick in die Welt der Luftfahrtbranche der letzten Jahre, um die tatsächlichen Gründe herauszuarbeiten. Hier geht der Trend nämlich zu größeren und möglichst wirtschaftlichen Flugzeugen und Flügen. Das heißt: Flüge müssen möglichst stark ausgelastet werden, um einen Flug überhaupt noch mit einem Gewinn durchführen zu können. Aufgrund des starken Wettbewerbs erwirtschaften Fluggesellschaften bei höher frequentierten Strecken nach Abzug aller Kosten teilweise nur noch einen einstelligen (!) Gewinnbetrag pro Passagier, abhängig davon, auf wie viele Köpfe die Flugkosten verteilt werden können. Schaut man sich das Ganze einmal nur aus Sicht des Treibstoffs an, wird das schon sehr deutlich:

So braucht der Flug von Stuttgart nach Atlanta mit der geflogenen Boeing 767 rund 55 Tonnen Sprit, der derzeit am Flughafen Stuttgart rund 1,10 Euro (steuervergünstigt) kostet. Sitzen 200 Passagiere in einer Boeing 767 (die Auslastung läge dann bei beeindruckenden 90 Prozent) und teilen sich die rund 60.000 Euro Spritkosten auf, wären das für jeden Passagier 300 Euro. Bei nur 100 Passagieren dann schon 600 Euro. Und die Lotterie hat die Fluggesellschaft gleich zwei Mal, denn das Flugzeug muss ja auch nach Stuttgart fliegen, bevor es von dort starten kann. Und dazu kommen dann noch Steuern, Flughafengebühren, Personal und Abschreibungen/Leasingkosten des Flugzeuges.

Und dann auch das noch: Weniger Flugaufkommen vor allem von Unternehmen, die ebenfalls aus Kosten- und Effizienzgründen ihr Personal lieber per Videokonferenz mit den Kollegen in den USA sprechen lassen und ihnen (und natürlich sich) mindestens drei Tage Dienstreise inklusive Jetlag ersparen. (Apropos: Sie wollen eine Fluggesellschaft gründen? Überlegen Sie sich das gut.)

Diese Entwicklungen führen dazu, dass interkontinentale Flüge inzwischen fast nur noch von so genannten Drehkreuzen starten und landen. Dazu zählen in Deutschland vor allem die Flughäfen Frankfurt/Main und München, die auch entsprechende Interkontinentalflüge nach West und Ost auf dem Flugplan haben. Selbst so ein Flughafen wie der in Düsseldorf, der mit über 19 Millionen Fluggästen im Jahr 2023 mehr als doppelt so viele Passagiere abfertigt wie Stuttgart, fliegt die USA nur noch mit einem Flug alle 11 Tage an – New York mit der deutschen Fluggesellschaft Condor.

Bei vielen anderen Regionalflughäfen wie Paderborn-Lippstadt, Frankfurt-Hahn oder Karlsruhe gibt es schon seit längerem keine interkontinentalen Direktflüge mehr, sondern nur noch Zubringerflüge zu Drehkreuzen. Oder Passagiere in der Region fahren gleich direkt zu den Drehkreuzen. Aus Pforzheimer Sicht eine Fahrt von gerade mal einer Stunde mehr, wenn es nach Frankfurt/Main gehen soll.

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Besim Karadeniz (bka), Jahrgang 1975, ist Autor und Erfinder von PF-BITS seit 2016. Er ist beruflich selbstständiger Web-Berater und -Entwickler. Neben PF-BITS betreut er mehrere weitere Online-Projekte und kann auf einen inzwischen über 25-jährigen Online-Erfahrungsschatz zurückblicken. Neben der technischen Betreuung von PF-BITS schreibt er regelmäßig Artikel und Kolumnen.